Göttinger Arbeitskreis gegen Atomenergie

Alt-AKW Würgassen soll Standort für zentrales Zwischenlager werden

Am Standort des abgerissenen Atomkraftwerks Würgassen an der Weser soll ein Zwischenlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll gebaut werden. Dies gab die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) am 6.3.2020 in einer Pressemitteilung bekannt.

 

Dass die BGZ damit einen Überraschungscoup landete, reiht sich nahtlos in die jahrzehntelange Geheimhaltungs- und Täuschungspolitik der Atomindustrie ein. Das lässt nichts Gutes für die Bemühungen um die Suche nach einem  Lager für den hochradioaktiven Atommüll (sog. Endlager) hoffen. Und dies geht einher mit einer unglaublichen Verniedlichung der Probleme. Das Zwischenlager wird in der Presseerklärung als ‚Logistikzentrum‘ bezeichnet:

Die BGZ Gesellschaft für Zwischenlagerung plant den Bau eines Logistikzentrums für schwach- und mittelradioaktive Abfälle auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks Würgassen im Landkreis Höxter (Nordrhein-Westfalen). Ab dem Jahr 2027 soll das Logistikzentrum die passgenaue Belieferung des Endlagers Konrad nahe Salzgitter sicherstellen…. (Presseerklärung BGZ 6.3.2020)

Das niedliche ‚Logistikzentrum‘ entpuppt sich im Weiteren als eine Halle von gewaltigen Ausmaßen: 325m lang, 125m breit und 16m hoch. Unklar bleibt in der Presseerklärung, ob auch eine Fabrik zum Umpacken des angelieferten Atommülls (Konditionierung) vorgesehen ist.

Was ist Würgassen?

Das ehemalige AKW Würgassen wurde 1968 begonnen und das Kraftwerk ging 1971 in den Probebetrieb und 1975 als erstes deutsches AKW in den kommerziellen Betrieb. Der Reaktor machte mehrfach Schlagzeilen, weil er immer wieder Probleme bereitete. Am schwerwiegendsten war sicherlich ein Unfall im Jahr 1973:  Durch einen Druckstoss (einem sog. ‚Wasserhammer‘) wurde eine Frischdampfleitung zu 2/3 abgerissen. Selbst der damalige Innenministers Hans-Diedrich Genscher sprach im Bundestag davon, dass dieses Ereignis einem GAU gefährlich nahe kam.

1994 wurden im Kernmantel (einem Stahlzylinder, der den Reaktorkern umschließt) Risse von bis zu 6cm Länge festgestellt. Da die Reparaturkosten auf 400 Mio. DM geschätzt wurden, verlor der Betreiber  PreussenElektra das Interesse und stellte Mitte 1995 den Antrag auf Stilllegung.

Seitdem diente das AKW Würgassen als Pilotprojekt für den Rückbau eines Atomkraftwerkes, der bis Sommer 2014 andauerte. Heute befindet sich auf dem Gelände ein Zwischenlager mit einem Teil der radioaktiven Rückstände des AKW.

Was hat Würgassen mit Schacht Konrad zu tun?

Die BGZ hat von der Bundesregierung den Auftrag erhalten, ein Eingangslager für das bereits genehmigte Lager für schwach- und mittelaktiven Atommüll im Bergwerk ‚Schacht Konrad‘ zu suchen. Aber statt dieses Zwischenlager in unmittelbare Nähe des ‚Schacht Konrad‘ anzusiedeln, um die Anzahl von Atomtransporten zu reduzieren, hat die BGZ nun den Standort Würgassen aus dem Hut gezaubert, der ca. 100km von Schacht Konrad liegt. Damit wird die Anzahl der notwendigen Transporte schlicht verdoppelt.

Zwei Gründe scheint es für diese Wahl zu geben:

  1. Die BGZ erhofft sich von dem Standort möglichst wenig Widerstand, da dort ja sowieso ein Zwischenlager existiert.
  2. Bei einem Bau des Eingangslager auf dem Gelände von Schacht Konrad würde die bereits vorhandene Genehmigung für die Atommülllagerung erlöschen. Eine erneute Genehmigung von Schacht Konrad ist aber wohl nicht möglich, da das geplante Lager nicht dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Forschung genügt.

 

 

 

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