Die Atom-Lobby spielt Umweltbewegungstheater
Die Atomkonzerne spielen „Sundays for Future“. Am 20. Oktober 2019, einem Sonntag, wurden weltweit Aktionen der internationalen Atom-Lobby-Organisation „Nuclear Pride Coalition“ organisiert. Unter dem Motto „Stand up for nuclear“ gab es an dem Tag Aktionen in Paris, London, Helsinki, Stockholm, Kopenhagen, Amsterdam, Toronto, New York, Los Angeles, Buenos Aires, Johannesburg, Mumbai, Taipeh, Seoul, Melbourne, München und weiteren Orten.
„Luftballons, aufgemalte Blumen und Bäume, ein Eisbär- Maskottchen namens Melty, der auf das Schmelzen der Polkappen hinweisen soll: Man könnte meinen, man sei in eine grüne Umweltschutz-Demonstration geraten am Sonntag auf dem Marienplatz …“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ am 21. Oktober über die Mini-Demo in München: „Und sie bezeichnen sich auch als Klimaschützer, die Leute, die diese seltsam anmutende Veranstaltung geplant haben, darunter Organisationen wie „Ecologists for Nuclear“ und die Kleinstpartei „Partei der Humanisten“. Ihr Ziel: die Rückkehr zur Kernenergie.“ In der „Welt“ mutierte der kleine Auflauf immerhin zur „echten Pro-Atom- Kundgebung“.
Neue Propagandastrategien
Die Atomlobby, so scheint es, wittert vor dem Hintergrund der Klimakrise wieder Morgenluft. Mit vorgeschobenen Klimaargumenten wirbt sie intensiv für Laufzeitverlängerungen und neue Atomkraftwerke. Dabei haben sich die Propaganda-Strategien geändert. Wurden die früheren Atom- und Umweltkonflikte meist zwischen Umweltschützern und Bürgerinitiativen auf der einen und Konzernen und Regierungen auf der anderen Seite ausgetragen wurden, wird die Auseinandersetzung heute „ausgelagert“. Vorfeldorganisationen der Atom- und Kohleindustrie, die Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, Stiftungen und industrienahe Schein-Bürgerinitiativen wie „Nuclear Pride“ und die „Bürger für Technik“ engagieren sich scheinbar unabhängig für Atomkraft und Kohlekraftwerke und bekämpfen die umweltfreundliche Energien.
Zu den Fürsprechern der Atomkraft gehört auch Bill Gates. Er soll sich, wie die „Washington Post“ berichtete, kürzlich mit Abgeordneten des US-Kongresses getroffen haben, um sie von den vermeintlichen Vorzügen der Atomenergie zu überzeugen. In einem offenen Brief an Angestellte schrieb er: „Kernenergie ist ideal, um dem Klimawandel zu begegnen, weil es die einzige CO2 -freie, skalierbare Energiequelle ist, die 24 Stunden am Tag verfügbar ist.“ Microsoft-Gründer Gates, der als zweitreichster Mann der Welt gilt, besitzt unter anderem die Firma TerraPower, die an neuartigen Atomreaktoren forscht.